09.09.2015
Besuchsbericht einer Balireise vom 20.05.2015 - 09.07.2015 mit Video
Mein Aufenthalt in unserem Waisenhaus Anak Domba Bali
Endlich war es so weit.
7 lange
Wochen lagen vor mir, die ich überwiegend in unserem Waisenhaus auf Bali mit all den Kindern und unserem ANAK DOMBA Team verbringen wollte.
Es gab viel auch viel Organisatorisches zu erledigen und Entscheidungen mussten getroffen werden.
Am 20. Mai 2015 startete ich und flog direkt nach Denpasar, der Hauptstadt Balis, wo am nächsten Tag schon die
erste Aufgabe auf mich wartete.
Im Vorfeld hatte Brigitte Nienass, unsere 2. Vorsitzende, bereits Kontakt zu der
"Hearing Solution Group" in Singapur aufgenommen.
Dieses Unternehmen untersucht Gehörlose und stellt den tatsächlichen
Grad der Gehörlosigkeit fest. Hier wollten wir gern Bram, unseren taubstummen 9 Jahre alten Jungen, untersuchen lassen.
Glücklicherweise gibt es eine Niederlassung der "Hearing Solution Group" in Denpasar und unser Ansprechpartner bot uns eine
kostenfreie Untersuchung für Bram an.
Ich setzte mich also direkt am nächsten Tag mit Chandra und Komang, den dort Zuständigen, in Verbindung.
Sie erklärten mir das langwierige Untersuchungsverfahren genau und wir vereinbarten gleich einen Termin für Bram in der folgenden Woche.
Ich bekam genaue Instruktionen, was alles bei Bram im Vorfeld zu beachten sei und wie wir ihn vorbereiten sollten.
Die nächsten beiden Tage verbrachte ich damit, noch zwei weitere Waisenhäuser zu besuchen, um mir einen Eindruck zu verschaffen, wie andere Organisationen so ein Haus betreiben.
Endlich machte ich mich dann auf den Weg in den Norden, nach
Singaraja, zu unserem Waisenhaus.
Doch was mich dort erwartete war so
anrührend, ehrlich und
herzlich, dass ich es kaum fassen konnte.
Schon als die
Kinder mich auf meinem Roller kommen hörten, kamen sie völlig
aufgeregt zum Tor gerannt, laut "Angela, Angela" rufend. Ich konnte lange Zeit noch nicht einmal vom Roller absteigen, weil die Kinder mich so bestürmt haben.
Dann bahnten sich
Eny und
Wayan, unsere lieben
Heimeltern, einen Weg durch die Kinder, um mich endlich auch begrüßen zu können. Vor lauter Wiedersehensfreude standen ihnen die Tränen in den Augen und auch ich war tief berührt.
Es war Erleichterung, die da zu erkennen war.
Erleichterung, wieder
zu spüren, dass
wir alle da sind, um zu
helfen.
Zu meiner Ankunft hatten sie ein großes "Herzlich Willkommen Angela" Plakat angefertigt, das quer über die Terrasse gespannt war.
Alle Kinder hatten mir Bilder gemalt und ein paar neue Lieder eingeübt, die sie mir natürlich sofort vorsingen wollten.
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Wer erlebt, wie fröhlich und herzlich diese Kinder sind, mit welcher Freude sie gemeinsam singen und Musik machen, der weiß, dass wir
gemeinsam auf dem richtigen Weg sind.
Nachdem alle mitgebrachten Geschenke verteilt waren und die Kinder sich etwas beruhigt hatten, kamen Eny, Wayan und ich endlich dazu, uns ein wenig zu unterhalten. Auf jedem Bein ein Kind sitzend, neben mir auf der Bank die anderen Kinder, planten wir unser weiteres Vorgehen.
So
viele Aufgaben standen an:
Die
[i] Untersuchungen für Bram, die organisiert werden mussten, die
Suche nach einem geeigneten Haus oder einem Grundstück für unseren notwendigen Umzug, sowie
Gespräche mit Immobilienverkäufern, Bauunternehmen und Banken.
Die nächsten Wochen verbrachten wir damit, Häuser zu besichtigen. Eny und Wayan mit ihrem Roller vorweg und ich mit meinem hinterher. Nachdem uns klar wurde, dass es schwer sein würde ein wirklich geeignetes und auch bezahlbares Haus für unsere Kinderschar zu finden, begannen wir mit der Suche nach einem Grundstück, auf das wir dann selbst ein Haus nach unseren Plänen bauen lassen könnten.
Endlich, nach langem Suchen fanden wir ein
Grundstück.
Die meisten Kinder können von hier aus zu Fuß zur Schule gehen, Einkaufsmöglichkeiten sind direkt in der Nähe und außerdem liegt das Grundstück in einer wunderschönen Umgebung.
Darüber hinaus hat uns die Besitzerin einen
sehr guten Preis angeboten, der uns zumindest den
Kauf in erreichbare Nähe bringt.
Während unserer vielen Aktivitäten habe ich noch einen Abstecher nach Java / Jakarta gemacht. Dort habe ich einen Kontakt getroffen, der uns seine Hilfe angeboten hatte. Darüber hinaus wollte ich mir gern noch ein weiteres Waisenhaus ansehen.
Parallel dazu kümmerten wir uns natürlich auch um die Behandlung von Bram. Wir mieteten ein Auto und Eny, Bram, Yonatan - unser Mitarbeiter - und ich machten uns auf den Weg nach Denpasar (ca. 80 km). Für Bram ein
Abenteuer, denn ganz selten fahren die Kinder einmal Auto.
Dazu kam dann noch die Übernachtung in einem Hotel, da wir eine Untersuchung am späten Abend hatten und die große Hauptuntersuchung sollte am frühen Morgen stattfinden.
Das war etwas für Bram:
Fernsehen vom Bett aus...! Dazu eine Toilette mit Spülung und eine Dusche, wo das Wasser von oben aus der Decke kam. Gegen einen Gartenschlauch als Dusche und ein gewohntes Plumpsklo etwas ganz Besonderes.
Die Untersuchung hat dann nach einigen Anlaufschwierigkeiten auch gut geklappt und wir fuhren guter Dinge wieder nach Hause.
Es folgten noch 4 weitere Untersuchungen, die wir dann jeweils als Tagesfahrt organisierten. Jedes Mal also wieder ein Auto mieten und 3,5 Stunden Hinweg nach Denpasar, sowie 3,5 Stunden für den Rückweg einplanen.
Dann, nach langem Warten kam das
Untersuchungsergebnis. Bram sollte es erst einmal mit Hörgeräten versuchen, bevor wir weiter über Implantate nachdenken, die sehr kostenintensiv sind.
Und wieder fuhren wir nach Denpasar, um die Hörgeräte anpassen zu lassen.
So sehr wünschte ich mir, das Einsetzen der Hörgeräte vor meiner Abreise noch zu erleben, um mit eigenen Augen zu sehen, ob es funktionieren würde.
Würde Bram mit diesen Hörgeräten
wirklich hören können?
Wenn wir dann einmal nicht für Organisatorisches unterwegs waren, verbrachte ich den ganzen Tag mit den Kindern, die nach und nach immer mehr Zutrauen fassten.
Einmal haben wir uns ein Bemo (Kleinbus) gemietet und sind mit allen Kindern zum
Schwimmen gefahren. Das war ein
Erlebnis!!!
Inzwischen hatten wir auch einen
Englischlehrer gefunden, der bereit ist, die Kinder
2x in der Woche in der englischen Sprache zu unterrichten. Ich hatte das Glück, bei den ersten beiden Stunden dabei zu sein und habe erlebt, wie viel Spaß die Kinder an diesem Unterricht haben.
So langsam näherte sich das Ende meiner - fühlbar doch nicht so langen - Zeit auf Bali.
Täglich warteten wir auf Nachricht aus Denpasar, dass die
Hörgeräte aus Singapur endlich
eingetroffen seien.
Unglaublich, doch am Tag meiner
Abreise war es dann tatsächlich so weit.
Von den Kindern und unseren Mitarbeitern Melani und Yonatan musste ich mich nun nach dieser wunderschönen und ausgefüllten Zeit verabschieden.
Die Kinder konnten sich überhaupt nicht vorstellen, dass ich jetzt wieder für
so lange Zeit so weit weg sein würde.
Für die Kinder unerreichbar.
Sie hatten mich
in ihre Familie aufgenommen - ich war
ein Teil davon geworden und wir hatten uns sehr an das
tägliche Miteinander gewöhnt.
Mit gepacktem Koffer und doch etwas aufgeregt starteten wir - dieses Mal mit Wayan, der sonst die restlichen Kinder betreut hatte - nach Denpasar in die Klinik.
Wir waren alle so
gespannt, was die Hörgeräte bei Bram bewirken würden.
Nachdem sie eingesetzt waren, passierte erst einmal gar nichts.
Bram schaute uns ganz verständnislos an und wir sahen die Chancen für ihn schwinden.
Eine
große Traurigkeit machte sich bei uns allen breit.
Doch Komang, die Ärztin, gab nicht auf. Sie justierte die Geräte nach, stellte an irgendwelchen besonderen Knöpfen herum und
auf einmal passierte es.
Bram, der Junge, der bisher
weder etwas gehört noch gesprochen hatte, machte riesengroße Augen und deutete auf seine
Ohren.
Wir konnten es kaum fassen! Sofort schossen allen, der Ärztin ebenfalls, die Tränen in die Augen, als
Bram begann, das Alphabet nachzusprechen.
Zwar nicht ganz klar und deutlich, doch wir alle verstanden ihn.
Was war das für ein schönes
Geschenk zum Abschied!
Meine kleine Familie brachte mich noch zum Flughafen, wo uns der Abschied sehr schwer fiel.
Schon saß ich wieder im Flugzeug. Doch dieses Mal in die entgegengesetzte Richtung.
Es war eine
wunderschöne Zeit, die ich in unserem Waisenhaus verbracht habe und es waren auch genau diese 7 Wochen, die für uns alle nötig und wichtig gewesen sind.
Vieles wurde einfacher im direkten Dialog; Entscheidungen wurden schneller getroffen und
viele neue Ideen entstanden.
Die Besuche anderer Waisenhäuser waren eine
wichtige Erfahrung und machten mir bewusst, dass wir genau
auf dem richtigen Weg sind.
In unserem
"kleinen Haus" finden unsere Kinder die
Geborgenheit und Liebe, die sie bisher nicht erfahren haben. Hier läuft das Leben ab wie in einer großen Familie. Auch die Kinder haben ihre
täglich wechselnden Pflichten im Haushalt und im Garten , doch auch ihre
Rechte.
Wir müssen jetzt einfach so weiter machen wie bisher und unsere Kinder am Glück teilhaben lassen.
Das herzliche Lachen und Singen ist jedes Mal ein Beweis dafür.
(Angela Bendix)